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Ausbaukrise der Windenergie

„Wir sehen das mit großer Sorge“

Interview: Jörg-Rainer Zimmermann, 20.05.19
…sagt die Präsidentin des Umweltbundesamts Maria Krautzberger zur Forderung nach größeren Abständen für Windkraftanlagen. Das steigere nicht die Akzeptanz bei den Anwohnern, schade aber dem Klimaschutz.

neue energie: Frau Krautzberger, das Umweltbundesamt beschäftigt sich schon lange mit dem Thema, welchen Einfluss pauschale Abstandsregeln zwischen Windparks und der Wohnbebauung auf die Flächenverfügbarkeit haben. Die jüngste Untersuchung wurde im März vorgelegt. Zu welchem Ergebnis ist ihre Behörde gekommen?

Maria Krautzberger: Bereits bei pauschalen Abständen von 1000 Metern würde sich die für die Windkraft vorhandene Fläche um 20 bis 50 Prozent verringern. Das bestehende, gesamte Leistungspotenzial von aktuell rund 80 Gigawatt würde sich also auf 40 bis 60 Gigawatt reduzieren. Sollten wir von Abständen mit 1200 Metern sprechen, blieben nur noch 30 bis 50 Gigawatt übrig.

ne: Was würde das bedeuten?

Krautzberger: Wir gefährden das Ziel von 65 Prozent erneuerbaren Energien bis 2030 massiv und ebenso die Erreichung der Klimaschutzziele, weil es einfach nicht genügend Flächen zum Bau neuer Windparks gäbe. Denn die Photovoltaik und Offshore-Wind können das nicht allein leisten.

ne: Die von der Bundesregierung eingerichtete Arbeitsgemeinschaft Akzeptanz scheint derzeit allerdings bundesweite Abstandsregeln zu favorisieren. Zugespitzt könnte man sagen, man schafft für die Windparks mehr Akzeptanz, indem man dafür sorgt, dass sie nicht gebaut werden können …

Krautzberger: Wir sehen das mit großer Sorge und haben eine ganz klare Haltung: Keine pauschalen Mindestabstände. Wir müssen die Ausbauziele schaffen, trotz des aktuellen Einbruchs, der zu einem Großteil auf den nicht vorhandenen Genehmigungen beruht. Pauschale Abstandsregelungen würden übrigens die Akzeptanz vor Ort nicht erhöhen.  

ne: Weshalb?

Krautzberger: Weil so mehr Druck entsteht, Windparks etwa im Wald zu errichten. Wobei es bei der Akzeptanz vor Ort längst nicht nur um die Abstandsfrage geht. Vielmehr muss man es schaffen, die Bevölkerung mitzunehmen. Es geht darum, die Genehmigungsverfahren transparenter zu gestalten. Es geht um eine vorausschauende Regionalplanung. Und es geht um neue, interessante Modelle wie etwa in Mecklenburg-Vorpommern, wo die Bevölkerung an den Umsätzen der Windparks partizipiert.

ne: Beim Thema Bürgerbeteiligung hat sich in der Vergangenheit eine Neiddebatte aufgetan. Es wurden Vorwürfe laut, dass sich einige Kommunen oder deren Einwohner mit Windparks einfach nur bereichern würden, auf Kosten der Allgemeinheit …

Krautzberger: Sicher wurde an der einen oder anderen Stelle viel Geld verdient. Aber das ist ja schließlich auch bei jedem konventionellen Kraftwerk stets der Fall gewesen. Worum es doch aber wirklich geht, ist, dass Klimaschutz ohne Erneuerbare nicht möglich ist. Und das müssen wir alle gemeinsam deutlich machen: die Politik, wir vom Uba, die Medien. Klimaschutz ist gleichbedeutend mit erneuerbaren Energien. Photovoltaik und die Windenergie an Land sind dafür unverzichtbar. 

 

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