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Wind im Wald

Über den Wipfeln

Michael Hahn, 15.08.19
Die Nutzung von Windenergie in Wäldern ist umstritten, vor allem forstreiche Bundesländer setzen aber darauf. Eine aktuelle Analyse gibt einen Überblick, wie viele Windräder sich bereits über Bäumen drehen.

Dem deutschen Wald geht es schlecht. Unzählige Medien berichteten in den letzten Wochen vom desolaten Zustand, in dem sich die heimischen Haine befinden. Von einer Jahrhundertkatastrophe oder dem Waldsterben 2.0 ist die Rede. Ursachen für das Baumsterben sind laut Experten Winterstürme, die extreme Dürre in 2018 und in Teilen des aktuellen Jahres sowie Borkenkäferbefall, Besserung sei nicht in Sicht. Das Waldsterben ist nicht zuletzt für den Kampf gegen die Klimakatastrophe fatal, für den eigentlich umfangreiche Aufforstung von Nöten wäre.

Um Umwelt- und Klimaschutz in Waldgebieten dreht sich auch eine andere Debatte, die seit langem kontrovers geführt wird: Sollten in Wäldern Windenergieanlagen stehen? Gegner lehnen das kategorisch ab, mit Verweis auf den Eingriff in empfindliche Ökosysteme und Schäden für Pflanzen und Tiere. Befürworter sehen diese Windkraftstandorte dagegen als unerlässlich für das Gelingen der Energiewende, zumal sich hier kaum Anwohner gestört fühlen.

Allerdings nicht an allen Orten: Der Windbranchenverband BWE weist darauf hin, dass sich der Bau der Anlagen auf forstwirtschaftliche Nutzflächen beschränke, „Waldgebiete mit besonders wertvollen Laub-und Mischwäldern oder Schutzgebiete mit besonders hoher ökologischer Wertigkeit für Mensch und Tier sind von der Windenergienutzung stets ausgeschlossen“.

5,3 Gigawatt Wind auf Waldflächen

Wie die aktuelle Ausbausituation im Wald Ende 2018 aussah, hat aktuell die Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) analysiert. Demnach standen zum Jahreswechsel in ganz Deutschland 1977 Windenergieanlagen mit einer Leistung von zusammen knapp 5,3 Gigawatt auf Waldflächen. Der Großteil der Anlagen (1731) sei in diesem Jahrzehnt aufgestellt worden.

Die meisten Anlagen im Wald wurden 2016 und 2017 gebaut, jeweils rund 350. 2018 waren es dagegen nur noch 171 Anlagen (mehr zur aktuellen Ausbaukrise der Windenergie lesen Sie hier). Regional liegt ein deutlicher Schwerpunkt in Süd- und Mitteldeutschland. Im Vergleich der Bundesländer stehen mit 445 Wald-Turbinen die meisten in Rheinland-Pfalz. Danach folgen Hessen (430), Baden-Württemberg (329), Brandenburg (300) und Bayern (287).

Gesteuert wird der Ausbau im Wald durch politische und raumordnerische Vorgaben. So ist er laut FA Wind nur in folgenden Bundesländern gestattet: Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen. Sie verfügen gleichzeitig über die größten Waldflächenanteile. Niedersachsen erlaubt Wind im Wald nur, wenn keine anderen geeigneten Flächen mehr zur Verfügung stehen, ähnlich ist es seit Juli 2019 in Nordrhein-Westfalen. Dabei hatten dort erst im Juni die Waldbauern solche Einschränkungen abgelehnt und mehr Windenergie auf Forstflächen gefordert. Die Einnahmen sollten bei der Bekämpfung der finanziellen Schäden von Stürmen und Schädlingsbefall helfen.

Mehr Wind im Wald erwartet

In den übrigen Bundesländern und in der Regel auch in Niedersachsen findet der Ausbau der Windenergie im Wald laut der Analyse „aufgrund entsprechender Vorgaben des Landesgesetzgebers bislang nicht statt, wobei die Ausschlusskriterien in den Ländern unterschiedlich geregelt sind.“

Die Autoren der Studie erwarten jedoch, dass das Thema Wind im Wald weiter an Relevanz gewinnt: „Der in den letzten Jahren politisch unterstützte und planerisch gesteuerte Ausbau der Windenergie in Süd- und Mitteldeutschland lässt erwarten, dass sich der Trend zu mehr Windenergie im Wald weiter fortsetzen wird“.

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