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Kohleausstieg

Großbritannien macht Ernst

Joachim Wille, 14.03.18
Neue Zahlen zeigen: Im Gegensatz zu Deutschland konnten die Briten ihre CO2-Emissionen deutlich senken, jetzt unterschritten sie sogar den Wert von 1890. Der Schlüssel liegt bei den fossilen Energien.

In England und Schottland begann im 18.Jahrhundert die industrielle Revolution, basierend auf der Nutzung von Kohle. Hier wurde der erste mit Koks gefeuerte Hochofen betrieben, hier arbeitete die erste Dampfmaschine, und hier fuhr die erste Eisenbahn, die ihre Antriebsenergie aus der Kohle holte. Doch Großbritannien ist nun auch Vorreiter bei der Beendigung des Kohlezeitalters. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung ist in vollem Gang, und neue Zahlen zeigen, dass das Land mit dieser Strategie auf Kurs bei den Klimaschutzzielen ist – ganz anders als der abgedankte „Klima-Weltmeister“ Deutschland.

Großbritanniens CO2-Ausstoß lag Ende 2017 bereits um 38 Prozent unter dem Wert von 1990, das in der Klimapolitik als Basisjahr gilt. Das zeigt eine aktuelle Auswertung des Online-Klimaportals „Carbon Brief“ auf der Grundlage der vorläufigen offiziellen Zahlen. Rechnet man die anderen Treibhausgase wie Methan und Lachgas mit ein, sind sogar 42 Prozent Reduktion erreicht. Zum Vergleich: Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, den Klimagas-Ausstoß bis 2020 um 40 Prozent zu senken, geschafft waren 2017 allerdings erst rund 27 Prozent. In ihrem Koalitionsvertrag räumte die neue Groko dann ein, dass das 2020er Ziel nicht mehr erreichbar sei – eine Peinlichkeit für die Regierung von „Klimakanzlerin“ Merkel.

Absturz der Kohle

Wie die neuen Zahlen zeigen, hat es die Londoner Regierung dagegen geschafft, den CO2-Ausstoß sogar wieder unter das Niveau des Jahres 1890 zu bringen. Hauptinstrument dafür war im letzten Jahrzehnt vor allem der forcierte Kohleausstieg, der bis 2025 abgeschlossen sein soll; dann soll der letzte Kohlemeiler vom Netz gehen. Den stärksten Einbruch bei der Kohleverstromung gab es 2016, mit einem Minus von 52 Prozent. 2017 ging es hier noch einmal um 19 Prozent herunter. Inzwischen steuert der Energieträger nur noch fünf Prozent zum Primärenergieverbrauch des Landes bei; Anfang der 1990er Jahre war es noch rund ein Fünftel. Zum Vergleich: In Deutschland liefern Stein- und Braunkohle heute noch immer rund 22 Prozent.

Entlastung in der Klimabilanz Großbritanniens bringt vor allem der Wechsel von Kohle auf das weniger CO2-trächtige Erdgas, der in Großbritannien bereits in den 1970er Jahren einsetzte, als Erdöl- und Gasfelder in der Nordsee entdeckt wurden. In jüngerer Zeit trug vor allem die 2013 eingeführte CO2-Mindeststeuer zum Absturz der Kohle bei, die dadurch im Vergleich zu anderen Energieträgern teuer wird. Viele Kraftwerke wurden komplett stillgelegt, andere umgerüstet. So produziert eines der größten Kraftwerke Großbritanniens, Drax im Norden der Grafschaft Yorkshire, heute über zwei Drittel des Stroms mit Biomasse, unter anderem mit Holz-Pellets. Auch Solar- und Windenergie haben dank Förderung stark an Bedeutung gewonnen, sie liefern inzwischen rund ein Viertel des Stroms.

In Deutschland will die neue Regierung den Fahrplan für einen Kohleausstieg bis Ende des Jahres von einer Kommission entwickeln lassen, in der unter anderem Gewerkschaften und Umweltverbände vertreten sein sollen. Die Positionen liegen weit auseinander – Ausstieg 2030 oder erst bis Mitte des Jahrhunderts? Doch was auch immer dort beschlossen wird: Gegenüber Großbritannien ist Deutschland Nachzügler.


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