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Halbjahres-Analyse

Corona-Flaute auf See

Margit Hildebrandt, 17.07.20
Der Ausbau der Offshore-Windenergie geriet in den letzten Monaten ins Stocken. Vielleicht gelingt es aber im kommenden Halbjahr, das Ruder wieder rumzureißen.

In den ersten sechs Monaten dieses Jahres wurden in der deutschen Nord- und Ostsee Windenergieanlagen mit einer Gesamtleistung von 219 Megawatt (MW) neu installiert. Damit sind zum 30. Juni insgesamt 1501 Offshore-Windräder mit einer Gesamtleistung von 7760 MW am Netz. Das geht aus der heute veröffentlichten Halbjahres-Analyse „Status des Offshore-Windenergieausbaus in Deutschland“ der Deutschen Windguard im Auftrag der deutschen Windbranchen-Verbände hervor. Das niedersächsische Beratungsunternehmen hat dafür Daten bei Projektentwicklern, der Bundesnetzagentur (BNetzA) und beim Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) abgefragt.

Der Zubau ist mit 32 Windrädern mehr am Netz und einer um drei Prozent gesteigerten Leistung – 2019 waren es rund 14 Prozent – deutlich eingebrochen. Davon wurden 17 Anlagen sogar bereits im Vorjahr errichtet. Fundamente wurden in den letzten sechs Monaten nicht gebaut, aber Leistungsupgrades in Höhe von insgesamt 25 MW an 71 Anlagen durchgeführt.

Dennoch ist damit das Ausbauziel der Bundesregierung für 2020 von 7700 MW Offshore-Windenergie bereits erreicht. „Nicht zuletzt aufgrund der langen Vorlaufzeit von Offshore-Windparks haben wir lange davor gewarnt, dass uns eine Ausbaulücke bevorsteht. Nun stecken wir mitten drin“, teilten die deutschen Windorganisationen in einer gemeinsamen Erklärung mit. Sie fordern eine schnelle Ausschreibung verfügbarer Flächen und ein effizientes Vergütungssystem für neue Projekte.

Ausbauziele erhöht

Die nächsten Monate könnten Aufwind für europäische Meereswindprojekte bringen. Zum einen verlangt die nationale Wasserstoffstrategie nach deutlich höheren grün produzierten Strommengen. Zum anderen hat Deutschland sowohl die EU-Ratspräsidentschaft als auch den Vorsitz der Nordseekooperationen inne und sich jüngst zu mehr Offshore-Wind bekannt. Das Bundeskabinett hat Anfang Juni die von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier vorgelegte Änderung des Windenergie-auf-See-Gesetzes beschlossen. Der Gesetzentwurf sieht ein erhöhtes Ausbauziel bis zum Jahr 2030 auf 20 Gigawatt (GW) vor. Erstmalig hat die Bundesregierung auch ein langfristiges Ziel von 40 GW bis 2040 für Offshore-Wind festgeschrieben.

Die Bundesverbände Windenergie (BWE) und der Windparkbetreiber (BWO), der Maschinenbau-Fachverband VDMA Power Systems, das Branchennetzwerk Wab und die Stiftung Offshore-Windenergie zeigten sich denn auch optimistisch, da damit „langfristige Planungssicherheit geschaffen“ wurde. „Wenn die Weichen jetzt richtig gestellt werden, werden diese nicht nur einen signifikanten Beitrag zur nachhaltigen wirtschaftlichen Erholung nach der Corona-Krise leisten, sondern darüber hinaus auch in hohem Maße zur Erreichung der Klimaziele und zur Versorgungssicherheit während der Energiewende beitragen“, teilten sie mit. Potenzial gäbe es in der Nord- und Ostsee mit verfügbaren Flächen und freien Netzkapazitäten in Höhe von 1860 MW jedenfalls noch.

Auch onshore schleppend

Vorläufige Zahlen der Fachagentur Windenergie an Land, die neue energie vorliegen, zeigen, dass auch der Ausbau der Onshore-Windkraft dieses Jahr weiterhin nicht in Schwung kommt. Im zweitschwächsten Ausbau-Halbjahr der letzten 15 Jahre sind demnach bundesweit nur 186 Windenergieanlagen neu ans Netz gegangen, die meisten davon in Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz. Weil auch 66 alte Anlagen stillgelegt wurden, lag der Netto-Zubau bei 528 Megawatt. Bis Ende Juni erhielten 289 Windturbinen mit zusammen 1168 Megawatt Leistung eine Baugenehmigung. Als Hauptgründe für den stockenden Ausbau an Land gelten lange Genehmigungsverfahren, zu wenig Flächen für neue Windparks und viele Klagen von Anwohnern.

 

 

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