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Windenergie

Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Gefahr

Michael Hahn, 25.10.19
Mehr als jeder vierte Arbeitsplatz in der deutschen Windindustrie könnte bis 2030 wegfallen, warnt eine aktuelle Studie. Auch auf die Wertschöpfung hätte eine anhaltende Zubauflaute massive Auswirkungen.

Wenn der Ausbau der Windenergie in Deutschland weiterhin so schleppend verläuft wie dieses Jahr – mit anhaltenden Genehmigungsproblemen und etwa einem Gigawatt an Neuanlagen – könnten bis 2030 über ein Viertel der direkten Arbeitsplätze in der Industrie verloren gehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine heute (25. Oktober) vorgestellte Prognos-Studie im Auftrag des Maschinenbauverbands VDMA Power Systems und des Windenergieanlagenherstellers GE.

Auch die Auswirkungen auf die jährliche Bruttowertschöpfung wären fatal. Diese würde laut Studie durch das rückläufige Geschäft im Inland um 700 Millionen Euro sinken. Noch stärker wäre der Inlandsumsatz betroffen, der um acht Milliarden Euro zurückgehen würde. Bei der Lohn- und Umsatzsteuer haben die Autoren ein Minus von 400 Millionen berechnet. „Ausbauzahlen in dieser Größenordnung hätten massive Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Standorte, was nach Einschätzung des VDMA zu einem drastischen Verlust von Exportgeschäft und weiterem Abbau von Beschäftigten führen würde“, teilt der Verband mit.

Auch Jobverluste bei Ausbau nach Plan 

Neben diesem Szenario „Gegenwind“ wurden noch zwei weitere betrachtet: Dass der Ausbau der Windenergie sich gemäß dem politischen Zielpfad mit den im EEG vorgeschriebenen Ausschreibungsmengen plus Sonderausschreibungen entwickelt. Davon abgesehen, dass selbst diese Ausbaumengen aktuell aufgrund fehlender Genehmigungen und unzureichender Flächenausweisung aktuell nicht erreicht würden, warnt der VDMA davor, dass sich die Zahl der Beschäftigten in diesem Szenario bis 2030 um vier Prozent gegenüber heute reduzieren würde. Auch das Ziel der Regierung von 65 Prozent Strom aus Erneuerbaren werde dadurch deutlich verfehlt.

Im dritten Szenario rechnen die Autoren mit einem Ausbau, der für Kohleausstieg und Erreichen des 65-Prozent-Ziels nötig wäre. Dafür wäre ein jährlicher Bruttozubau von 4,7 Gigawatt an Windenergie an Land nötig. Die Folgen: Ein Anstieg der Beschäftigten um zehn Prozent bis 2030. Zudem würde dadurch laut VDMA die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen im Export gesteigert.

Für die Untersuchung wurden nur die Beschäftigten betrachtet, die direkt in der Windindustrie arbeiten. Insgesamt waren das 64.200 in 2018. Werden auch die indirekten Arbeitsplätze betrachtet, etwa bei Zulieferern, war die Zahl 2017 mit 120.000 Beschäftigten fast doppelt so hoch.

„Skandal, dass Wirtschaftsminister nicht gegensteuert“

„Die vorliegende Studie berechnet nur die Auswirkungen in den Kernbereichen durch die Inlandsmarktentwicklung – die Realität ist allerdings noch gravierender. Ist der Standort unattraktiv, verlagert sich Geschäft in die attraktiven Märkte, das betrifft auch die Produktion für den Export“, warnt Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems. Die Forderung der Industrie sei klar: „Schnellere rechtssichere Genehmigungen, zusätzliche Flächenausweisung für Windenergieprojekte und die Anpassung des Ausbaupfads zur Erreichung des 65 Prozent-Ziels.“

Laut Wolfgang Dierker, Vorsitzender der Geschäftsführung der GE Deutschland Holding, würden die Ergebnisse der Studie zeigen, „dass die Stagnation im jetzigen Ausbautal mit seinen dramatischen volkswirtschaftlichen Auswirkungen auf Beschäftigung und Wertschöpfung dringend überwunden werden muss. Der langfristige Erhalt der Technologie- und Innovationsführerschaft der Windindustrie am Standort Deutschland erfordert Marktvolumen im Heimatmarkt.“

Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, kommentierte, die Bundesregierung fahre „eine ganze Zukunftsbranche und damit auch den Klimaschutz gegen die Wand. Während weltweit die erneuerbaren Energien im Aufwind sind, droht im Mutterland der Energiewende ein dramatischer Stellenabbau in der Windbranche.“ Es sei ein Skandal, „dass der zuständige Wirtschaftsminister nicht längst aktiv gegensteuert.“

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