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Energiekosten

EEG-Umlage sinkt, Strompreis nicht unbedingt

Tim Altegör, 15.10.18
Im zweiten Jahr in Folge geht die Umlage für den Ausbau erneuerbarer Energien zurück, verantwortlich ist vor allem ein Hoch an der Strombörse. Für Haushalte bedeutet das jedoch nicht automatisch, dass die Kosten sinken.

Es ist noch nicht lange her, da sorgte der 15. Oktober regelmäßig für großes Zittern in der Ökostrom-Branche. An dem Tag verkünden die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber stets, wie hoch die EEG-Umlage auf den Strompreis im folgenden Jahr ausfallen wird. Stieg der Wert, folgte verlässlich eine unbequeme Debatte über die Kosten von Solar- und Windparks – auch wenn die mit dem komplizierten Umlage-Mechanismus gar nicht eins zu eins abgebildet werden.

Wie schon im vergangenen Jahr fällt der große Kostenaufschrei 2018 jedoch aus. Die Umlage sinkt ein bisschen, von 6,792 auf 6,405 Cent je Kilowattstunde (ct/kWh) verbrauchten Stroms. Ihren bisherigen Höchstwert erreicht sie 2017 mit fast 6,9 Cent. Die Zeit sei vorbei, „in der die EEG-Umlage als Argument gegen die Energiewende genutzt wurde“, kommentierte der Geschäftsführer des Erneuerbaren-Dachverbands BEE, Peter Röttgen.

Als Hauptgrund für die neuerliche Senkung nannten die Netzbetreiber den gestiegenen Verkaufspreis an der Strombörse. Der Effekt tritt ein, weil die Umlage als sogenannte gleitende Marktprämie die Lücke zwischen der Vergütung, die einem Anlagenbetreiber zugesprochen wurde – ob per gesetzlich festgelegtem Tarif oder per Ausschreibung – und dessen Einnahmen beim Stromverkauf füllt. Diese Erlöse, so die Erwartung der Netzbetreiber, werden um 37 Prozent zunehmen. Als ein Grund gelten global gestiegene Preise für fossile Brennstoffe, auch europäische CO2-Zertifikate sind zuletzt teurer geworden.

Zusätzlich sind die Vergütungen für neue Anlagen mit den Jahren immer weiter gesunken. Im Ergebnis beider Entwicklungen konnte der BEE vor wenigen Tagen ein Beispiel vorstellen, das Röttgen als „kleinen Wendepunkt“ bezeichnete: Eine Freiflächen-Photovoltaikanlage, die zeitweise bereits ohne die Marktprämie auskam. Die Anlage im brandenburgischen Wittstock ging im Juni in Betrieb, ein Jahr zuvor hatte sich der Betreiber per Auktion eine Vergütung von 5,42 ct/kWh gesichert. Mit knapp 5,6 Cent lag der Börsenwert für Solarstrom im August jedoch darüber, also floss keine zusätzliche Förderung aus dem EEG-Topf.

„Unfaire Verteilung“

„Je nachdem, wie sich die Marktwerte weiter entwickeln, gehen wir davon aus, dass wir das immer häufiger sehen werden“, sagte Marco Nicolosi vom Beratungsunternehmen Connect Energy Economics. Spätestens Anfang der 2020er werde der Effekt deutlich spürbar, wenn die ersten Anlagen, die noch mit hohen Zahlungen gefördert wurden, nach 20 Jahren aus der Vergütung fallen – vorausgesetzt die Börsenpreise spielen weiter mit. Um das sicherzustellen, schlägt der BEE vor, CO2-Emissionen und damit fossilen Strom zu verteuern.

Noch nicht ausgemacht ist, ob sich die gesunkene EEG-Umlage 2019 auch in niedrigeren Stromrechnungen äußert. Nebenbei verkündeten die Übertragungsnetzbetreiber auch eine neu konstruierte Umlage, die den Netzanschluss von Offshore-Windparks finanzieren soll. Im Vergleich zum vorherigen Modell, in dem nur etwaige Entschädigungen abgedeckt waren, falls sich der Anschluss verzögert, steigt der Wert hier von 0,037 auf 0,416 ct/kWh. Das Plus entspricht also ziemlich genau dem Rückgang beim EEG. Die Kosten wären aber auch im alten Modell umgelegt worden, dann jedoch über die Netzentgelte, die regional unterschiedlich ausfallen. Der Ökostromanbieter Lichtblick bezifferte die durchschnittlichen Gesamtkosten für Haushalte, die für das Stromnetz anfallen, auf acht ct/kWh.

Klaus Müller, Vorstand beim Verbraucherzentrale-Bundesverband, kritisierte die weiterhin „unfaire Verteilung der Stromkosten“. Energieintensive Industriebetriebe  – werden häufig von der Umlage befreit – derzeit sind es rund 2100. Den Ausfall tragen die übrigen Stromkunden, gewerblich wie privat. Dass dies von vielen als ungerecht empfunden wird, ist gut dokumentiert. Kürzlich etwa hat eine Untersuchung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung gezeigt, dass private Haushalte oftmals sogar bereit wären, eine höhere Umlage zu zahlen, wenn die Industrieausnahmen entfallen würden. Die Ausnahmen sollten daher besser aus Steuermitteln finanziert werden, so die Empfehlung der Forscher.


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