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Energiepreise

Das nächste Plädoyer pro CO2-Steuer

Joachim Wille, 04.03.19
Berater der Bundesregierung pochen auf eine Reform der Energie-Bepreisung, die klimaschädliches Verhalten teurer macht. Unterdessen trägt sich Kanada in der Liste der Länder mit CO2-Preisen ein.

In der Bundesregierung schwelt ein Streit um die Einführung einer CO2-Steuer. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lehnt sie ab, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) ist dafür. Ein wichtiges Beratergremium der Regierung hat sich nun vehement für eine Reform der gesamten Energiebesteuerung ausgesprochen, die sich am CO2-Gehalt der jeweiligen Energieträger orientieren soll.

Das Argument der „Expertenkommission für Forschung und Innovation“ (EFI) lautet: Nur wenn der Ausstoß von CO2 von Verbrauchern und Wirtschaft angemessen bezahlt werden muss, kann die Energiewende ein Erfolg werden. Bisher werde nämlich das Potenzial für Energieeffizienz und den Ausbau der Ökoenergien vor allem durch „das Steuer- und Abgabensystem ausgebremst – insbesondere durch Energiesteuern und -abgaben, die sich bisher kaum am CO2-Gehalt der Energieträger orientieren“, heißt es im EFI-Jahresgutachten 2019, das Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) jetzt übergeben wurde.

Eine Besteuerung, die an den CO2-Emissionen ausgerichtet ist, würde Strom deutlich billiger machen, der heute schon zu 40 Prozent „erneuerbar“ ist und künftig vermehrt auch im Verkehr und in der Gebäudeheizung genutzt werden soll. Heizöl und Erdgas sowie Sprit würden hingegen teurer. Die EFI-Experten unter Leitung des Münchner Ökonomieprofessors Dietmar Harhoff verweisen darauf, dass viele klimafreundliche Technologien und Geschäftsmodelle heute schon marktreif seien, darunter Wärmepumpen zur Hausheizung, Wärmedämmung von Gebäuden oder Elektroautos. Sie würden sich aber nicht ausreichend durchsetzen, da bei den fossilen Energien die Umwelt- und Klimakosten nicht eingepreist seien. Daher müssten „Steuern, Abgaben und Umlagen auf Energie über alle Wirtschaftssektoren an der Klimaschädlichkeit ... von Energieträgern ausgerichtet werden“, so die EFI.

Denkt die Union noch um?

Weiter dringen die Regierungsberater darauf, die Energieeinsparung massiv auszuweiten. Mit dem Ausbau der Ökoenergien alleine könnten die Klimaziele nicht erreicht werden. Sie rechnen vor: „Wollte man nur den Endenergieverbrauch von 2017 allein über Strom aus erneuerbaren Energien (EE) decken, wäre hierfür in Deutschland eine EE-Kapazität von mehr als 1400 Gigawatt (GW) erforderlich. Ende 2017 waren allerdings gerade einmal 112 GW installiert.“ Großen Wert legen die Experten auch auf eine soziale Flankierung der vorgeschlagenen CO2-orientierten Steuerreform. Zusätzliche Steuereinnahmen solle der Staat „zur Kompensation von wirtschaftlich schwachen Haushalten“ verwenden, die von höheren Energiepreisen etwa beim Heizen besonders betroffen sind.

Ob die EFI-Intervention ein Umdenken bei der Union auslöst, ist offen. Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich jüngst immerhin offener für das Konzept der CO2-Steuer gezeigt als Wirtschaftsminister Altmaier und sein für die Energiewende zuständiger Staatssekretär Andreas Feicht. Letzterer hat eine Entscheidung zu diesem Thema für die laufende Legislaturperiode kategorisch ausgeschlossen. Kramp-Karrenbauer sagte jüngst, um die Klimaziele zu erreichen, könne man für jedes Ressort verbindliche CO2-Einsparziele festlegen. „Oder sie nehmen den Ansatz der CO2-Bepreisung.“ Beides sei schwierig umzusetzen, doch die Diskussion darüber müsse geführt „und in diesem Jahr abgeschlossen“ werden. Auf ihrer Politik-Agenda stehe das Thema jedenfalls ganz oben.

Tausende US-Ökonomen machen Druck

Andere Länder sind bei diesem Thema längst weiter als Ex-Klimavorreiter Deutschland. Europäische Staaten wie Frankreich, Schweden und die Schweiz haben eine CO2-Steuer, ebenso Länder wie Neuseeland und Mexiko. Neu hinzugekommen als großer Industriestaat ist nun Kanada. Die Regierung in Ottawa hat zwei Arten von CO2-Steuern eingeführt. Zum einen müssen Produzenten und Händler fossiler Energien eine Brennstoffsteuer auf Öl, Kohle und Gas entrichten. Alle anderen Unternehmen zahlen die Steuer auf jene Emissionen, die über einem bestimmten Grenzwert liegen. Unternehmen, die unter der Grenze liegen, erhalten hingegen einen finanziellen Zuschlag. Der Einstieg ist mit umgerechnet 13 Euro pro Tonne CO2 moderat, die Steuer soll jedoch bis 2022 auf gut 33 Euro steigen.

Um soziale Schieflagen zu vermeiden, sollen 90 Prozent der Einnahmen aus der Steuer an die Privathaushalte ausgezahlt werden. Unter dem Strich hätten die meisten Kanadier dadurch mehr Geld in der Tasche als vorher. Nur die Bürger mit hohem Energieverbrauch würden belastet.

Selbst in den USA, die mit Präsident Donald Trump von einem Klimaskeptiker regiert werden, wächst die Bewegung pro CO2-Steuer. Über 3400 Ökonomen unterstützen eine entsprechende Initiative, die von dem konservativen Lobbyisten Ted Halstead gestartet wurde – darunter vier Ex-Chefs der US-Notenbank, 27 Nobelpreisträger und zwei frühere US-Handelsminister. Selbst Ölkonzerne wie Exxon Mobil, BP und Shell befürworten das Konzept. Die Einnahmen sollen komplett an die Bürger ausgeschüttet werden: Die unteren 70 Prozent der Haushalte würden profitieren, so die Initiatoren.

 

Kommentare (2)

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  • 09.03.19 - 11:37, Ulrich Stahn

    024811
    Die CDU/CSU mit FDP haben in ihrer langen Regierungszeit mit dem Streben nach Gewinn
    die Luft den Boden das Wasser und teilweise das All versaut, und somit reichlich Leben
    vernichtet.
    Die SPD hat mit der Agenda 2010 Selbstmord begangen!

  • 11.03.19 - 15:16, Marie-Luise Bach

    Hoffentlich kann sich Deutschland hierzu endlich entschließen!

    Hoffentlich verbessern Unternehmen ihre Emissionswerte in diesem zusammenhang dann auch durch bessere Dämmung der genutzten Gebäude, effizientereres Heizen mittels Thermostaten, PV-Anlagen und Thermieanlagen auf den Dächern (wo sieht man sowas heute schon? Insbesondere Solarthermieanlagen auf Industriegebäuden oder größeren Verkaufshallen sieht man kaum!!) und vor allem einer besseren Nutzung der erzeugten Abwärme (leider tut die EU hier auch so wenig!)! So vieles wäre auch Jahre zuvor schon möglich gewesen, in die Wege ztu leiten.

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