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Kohle in den USA

Blick in den Schornstein

Joachim Wille, 21.11.19
In den USA gehen reihenweise Kohleunternehmen pleite, abgedrängt von Fracking-Gas und Erneuerbaren. Donald Trumps Versprechen, die Kohle zu retten, erweist sich als Luftnummer.

Den „Krieg gegen die Kohle“ wollte Donald Trump beenden. Damit war der Kandidat für das US-Präsidentenamt im Wahlkampf 2016 angetreten – und sicherte sich viele Stimmen in den Kohlestaaten wie West Virginia, Ohio und Pennsylvania. Kumpel, die noch Arbeit hatten, wählten ihn, ebenso solche, die ihren Job durch den Niedergang der Branche in den letzten Jahren bereits verloren hatten. Sie glaubten Trumps Versprechen,  sie wieder in Lohn und Brot bringen. Doch jetzt, nach fast drei Jahren Trump-Administration, ist unübersehbar: Es waren falsche Versprechungen. Kohleindustrie und -arbeiter schauen, sozusagen, in den Schornstein.

Mit „Murray Energy“ ist jüngst eines der größten Kohleunternehmen des Landes in die Insolvenz gegangen. Das ist besonders bemerkenswert, da der Firmenchef John Murray einer der vehementesten Unterstützer von Trumps Energiepolitik war und zuletzt noch im Weißen Haus für ein großes Hilfsprogramm für die Branche trommelte – allerdings vergeblich. Der Konzern des 79-jährigen „Kohle-Königs“ – so sein Spitzname - mit seinen rund 7000 Arbeitslätzen ist bereits das achte aus der Branche, das innerhalb eines Jahres aufgeben musste.

Der Absturz der Kohlebranche begann vor rund einem Jahrzehnt. Hauptursache ist der rückläufige Einsatz des Energieträgers zur Stromproduktion. Billiges Fracking-Erdgas und die zunehmend preiswerteren erneuerbare Energien nahmen ihm Marktanteile weg. Ende der Nuller-Jahre lieferte das „schwarze“ Gold noch rund die Hälfte des US-Elektrizität, heute liegt der Anteil laut der US-Informationsbehörde EIA bei 25 Prozent, für 2020 wird ein weiteres Absinken auf 22 Prozent erwartet. In den vergangenen zehn Jahren sind denn auch bereits 40 Prozent der Kohlemeiler vom Netz genommen worden. Hinzu kommt ein rückläufiger Kohleexport.

Boom von Gas- und Ökostrom

Trump hat zwar den „Clean Power Plan seines Vorgängers Barack Obama rückgängig  gemacht, den er als Initiator des angeblichen „Kriegs gegen die Kohle“ attackierte, und Zölle auf Solarimporte eingeführt. Am weiteren Boom von Gas- und Ökostrom, der die Kohle verdrängt, ändert das nach Einschätzung von Experten aber nichts. Bei den Erneuerbaren ist das Wachstum vor allem durch die Verbilligung der Solarpanels getrieben. Der CO2-Ausstoß im Energiesektor werde, wie schon unter Obama geplant, bis 2030 um 32 Prozent gegenüber 2005 sinken, erwartet der Thinktank „Climate Action Tracker“.

Offenbar hat der Markt gegen den Klimakiller Kohle entschieden, und Trump kann oder will nichts dagegen unternehmen. Hier spielen vor allem zwei Dinge mit. Erstens will der Präsident die Fracking-Unternehmen nicht verärgern, die bereits seit Mitte des letzten Jahrzehnts den ungeahnten Aufschwung der einheimischen Erdöl- und Erdgasproduktion ausgelöst haben. Die Vereinigten Staaten sind inzwischen der weltgrößte Gasproduzent und dürften Russland demnächst beim Öl überholen. Zweitens hat sich die Erneuerbaren-Branche auch in den USA zu einem bedeutsamen Wirtschaftsfaktor entwickelt – und zwar gerade auch in von Republikanern regierten Bundesstaaten wie Iowa, Oklahoma und Texas.

Die Kohleindustrie und mit ihnen die Kumpel sind zwischen diese beiden Energiemächte geraten, die für das „schwarze Gold“ immer weniger Platz lassen. Und Trump lässt sie hängen.

 

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